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AutorenbildPatricia Alge

Show don’t tell

Aktualisiert: 5. Jan.

Oder auch: Zeig’s mir, Baby!

Heute reden wir über Show dont tell, ein Thema, das in der Literaturszene immer wieder heiß diskutiert wird. Was sich erstmal wie ein Fluch oder ein geheimnisvoller Zauberspruch anhört, ist in Wahrheit eine echte Wunderwaffe für jeden, der schreibt. Richtig angewandt, verleiht sie deinen Texten das gewisse Etwas und verführt deine Leser dazu, Seite um Seite deiner Geschichte zu verschlingen. Wenn du also schon mal von der goldenen Regel Show dont tell gehört hast, aber nicht so recht weißt, worum es dabei geht und wie du sie in deinen Texten anwendest, bist du hier genau richtig. In diesem Beitrag werde ich dir das Konzept und die wichtigsten Regeln von Show Dont Tell erklären und dir anhand von positiven und negativen Beispielen aufzeigen, wie unfassbar mächtig diese Technik ist und wie auch du mit ihrer Hilfe deine Geschichten zum Leben erweckst. Also schnall dich an und lass uns gemeinsam in die aufregende Welt von «Show dont tell“ eintauchen!


Was genau ist dieses «Show don’t tell»?

Wörtlich übersetzt bedeuten die Worte «Zeigen, nicht erzählen“ und halten damit eigentlich auch schon das Grundkonzept dieser Technik fest. Show dont tell fordert uns Autoren auf, unseren Lesern nicht nur zu erzählen, wie sich ein Charakter fühlt, sondern es ihnen zu zeigen.

Stell dir vor, du erzählst deinem besten Freund von einem lustigen Vorfall. Du könntest ihm natürlich einfach sagen, dass es lustig war, aber viel effektiver ist es doch, wenn du ihm die Szene lebendig schilderst oder sie gar für ihn nachstellst, inklusive der peinlichen Tanzeinlage am Ende.

Und genau das ist der Kern von Show dont tell. Erzähl deinen Lesern nicht einfach deine Geschichte, lass sie die Handlung, Dialoge und Sinneswahrnehmungen deiner Charaktere selbst miterleben.


Anstatt deinen Lesern also nur zu sagen, dass dein Protagonist traurig ist, lass sie die Tränen in seinen Augen sehen. Lass sie spüren, wie schwer es ihm ums Herz wird. Durch dieses Zeigen anstelle des Erzählens, erschaffst du eine Nähe, die deine Leser unweigerlich tief in deine Geschichte hineinzieht und ihnen ein intensives Leseerlebnis schenkt.



Soviel zur Theorie, aber wie wendest du «Show don’t tell» in deinen eigenen Texten an? Hier sind einige Tipps, die du beachten solltest:


  1. Stell keine Behauptungen auf: sondern verwende lebendige Beschreibungen: Statt zu behaupten, dass dein Charakter traurig ist, beschreibe seine hängenden Schultern, die feuchten Augen und das zitternde Kinn. Lass deine Leser durch visuelle und emotionale Details in das Gefühlsleben deines Charakters eintauchen.

  2. Sprich die Sinneswahrnehmung an: Lass deine Leser die Welt deiner Geschichten mit allen Sinnen erleben. Beschreibe nicht nur, wie etwas aussieht, sondern auch, wie es sich anfühlt, riecht, klingt oder schmeckt. Dadurch erschaffst du eine erlebbare und authentische Atmosphäre.

  3. Erschaffe eine Grundstimmung: Zieh deinen Leser schon mit einer von dir angestrebten Grundstimmung in eine Szene hinein. Steuert deine Geschichte auf eine drohende Gefahr hin, beschreibe den Himmel nicht einfach nur als grau, sondern lass schon die dunklen Wolken drohend über den Horizont ziehen. Soll die Szene eher trostlos und traurig anmuten, lass im Hintergrund zum Beispiel Regentropfen gegen die Scheibe prasseln oder in trostlosen Sturzbächen vom Dach des Nachbargebäudes in den leeren Innenhof plätschern. Oder was lässt einen perfekten Sommertag fröhlicher wirken, als zwitschernde Vögel und summende Insekten? Verwende suggestive Sprache, um die Vorstellungskraft deiner Leser anzusprechen und sie in die richtige Stimmung zu versetzen.

  4. Lass Handlungen sprechen: Lass deine Protagonisten ihre Gefühle und Absichten durch Handlungen offenbaren. Statt zu sagen, dass dein Charakter nervös ist, zeig auf, wie er an seinem Hemdkragen herumfummelt oder sich beim Sprechen verhaspelt.

  5. Vertraue auf die Kraft der Dialoge: Dialoge sind ebenfalls eine ausgezeichnete Möglichkeit, Show dont tell umzusetzen. Durch geschickte Gespräche zwischen den Charakteren können Handlungen, Emotionen und Hintergrundinformationen subtil vermittelt werden. Lass die Dialoge lebendig und authentisch wirken, sodass der Leser die Protagonisten schon durch ihre Wortwahl besser kennenlernt.

  6. Nutze konkrete Beschreibungen: Vermeide allgemeine Aussagen, sondern verwende konkrete Bezeichnungen, um Bilder im Kopf deiner Leser entstehen zu lassen. Schreib also nicht nur von einem großen Baum, sondern von der alten Eiche, die ihre knorrigen Äste dem Himmel entgegen reckt. Es ist auch nicht bloß ein Auto, das da in der Einfahrt parkt, sondern ein liebevoll renovierter VW Käfer oder ein schnittiger Chevrolet Chevell.

  7. Nutze subtile Andeutungen und Symbolik: Anstatt direkt zu erklären, was im Inneren eines Charakters vorgeht, kannst du auch subtile Andeutungen und Symbolik verwenden, die tiefergehende Emotionen oder innere Konflikte vermitteln. Ein «hochmütiges Naserümpfen» oder ein «Kopf einziehen», können mehr über einen Charakter verraten, als eine langatmige Beschreibung.

  8. Setze auf aktive Verben und lebendige Sprache: Aktive Verben verleihen deiner Geschichte Schwung und Energie. Anstatt zu sagen, «Er war wütend», könntest du schreiben «Er knallte die Faust auf den Tisch», oder «Er fluchte lästerlich». Verwende auch lebendige Adjektive und Adverbien, um die Beschreibungen zum Leben zu erwecken und die Vorstellungskraft der Leser anzuregen.

  9. Verwende Metaphern und bildhafte Sprache: Metaphern sind ein kraftvolles Werkzeug, um abstrakte Konzepte oder Emotionen zu vermitteln. Sie ermöglichen es den Lesern, die Bedeutung zwischen den Zeilen zu erfassen und eine tiefere Verbindung zur Geschichte aufzubauen. «Seine Worte waren wie Pfeile, die direkt ins Herz trafen; die untergehende Sonne setzte den abendlichen Himmel in Brand; die Falten in ihrem Gesicht, waren wie die verblassten Träume ihrer Jugend…» Metaphern sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. Ein Zuviel lässt deine Texte rasch überladen wirken.

  10. Vermeide überflüssige Beschreibungen: Show dont tell bedeutet nicht, dass du jeden Aspekt bis ins kleinste Detail ausführen sollst. Finde stattdessen ein gesundes Gleichgewicht zwischen Zeigen und Erzählen, damit deinen Lesern genügend Raum für eigene Interpretationen bleibt. Leite sie an, aber lass sie die Geschichte mit ihren eigenen Erfahrungen und Vorstellungen mitgestalten.



In Ordnung, du weißt jetzt, worauf du achten solltest. Aber wie sieht das Ganze in Textform aus? Das möchte ich dir anhand von Negativbeispielen und deren Verbesserungsvorschlägen aufzeigen.


Negativbeispiel 1: Er war verliebt in sie. In ihrer Gegenwart fühlte er sich glücklich.

In diesem Beispiel wird dem Leser lediglich mitgeteilt, dass der Charakter verliebt ist, ohne die Gefühle oder eine Handlung anzuzeigen, die darauf hindeuten. Den Sätzen fehlen konkrete Beschreibungen, die die Verliebtheit veranschaulichen.

Besser wäre: Seine Augen leuchteten auf, als sie den Raum betrat und sein Herz schlug Purzelbäume. Er konnte nicht anders, als auf sie zuzugehen. Ihre Anziehungskraft war ungebrochen.

Hier wird gezeigt, wie der Charakter auf die Frau reagiert, anstatt einfach zu behaupten, dass er verliebt ist. Die beschriebene Handlung und Emotion verdeutlichen die Verliebtheit des Charakters und erzeugen eine emotionale Verbindung zum Leser.


Negativbeispiel 2: Es war ein schöner Tag.

Diese oberflächliche Aussage lässt den Leser nicht wirklich am Geschehen teilhaben. Er sagt auch nichts über die Grundstimmung der Szene aus.

Besser wäre: Der Himmel war so blau wie das Meer vor St.Tropez. Die Sonne tanzte auf Lisas Haut und der Wind strich sanft durch ihr Haar, während sie ihren Blick über die blühenden Lavendelfelder gleiten ließ...

Durch die sinnlichen Details wird der Leser regelrecht in die Szene hineingezogen und kann die Schönheit des Tages förmlich spüren.


Oder eher düster …


Negativbeispiel: Die Szene war gruselig. Es war dunkel und unheimlich. Es fühlte sich an, als ob jemand sie beobachten würde.

Auch hier wird dem Leser lediglich gesagt, dass die Szene gruselig ist, ohne die Atmosphäre oder ein unheimliches Element anzuführen. Es fehlen konkrete Beschreibungen und Details, die das Gefühl von Grusel vermitteln würden.

Besser wäre: Tiefe Dunkelheit hüllte sie ein, als sie sich Schritt um Schritt den verlassenen Korridor voran tastete. Ihre Fingerkuppen glitten über feuchte, glitschige Wände und es roch nach rostigem Metall. Wo hatte er sie hingebracht? In die zerfallene Nervenheilanstalt? Oh, bitte nicht. Plötzlich spürte sie ein Prickeln im Nacken. Sie war nicht allein.

Hier werden die Atmosphäre und die unheimlichen Elemente durch Andeutungen geschildert, ohne zu sagen, dass die Szene gruselig ist. Die Verwendung von Details lässt den Leser das Gefühl von Grusel nachempfinden.


Negatives Beispiel 3: Sie war eine begabte Sängerin. Jeder liebte ihre Stimme. Ihre Auftritte waren ausdrucksstark und unvergleichlich.

Diese bloße Feststellung lässt den Leser unberührt. Hier wird ihm schlicht gesagt, dass die Protagonistin eine begabte Sängerin ist. Ohne ihre Fähigkeiten durch konkrete Szenen, Dialoge oder Beobachtungen aufzuzeigen. Es fehlen spezifische Details, die das Talent der Sängerin verdeutlichen.

Besser wäre: Olivia Sassala schritt elegant auf die Bühne. Ihr langes, weißes Kleid schimmerte im warmen Bühnenlicht und das Publikum hielt erwartungsvoll den Atem an. »Kritiker nennen sie die begabteste Sängerin aller Zeiten«, raunte Eva Peter zu. »Sie soll sogar schon vor King Charles und dem Papst gesungen haben.« »Still jetzt«, zischte es aus der hinteren Reihe. Dann begann Olivia Sassala zu singen. Leise, wie das Flüstern eines Engels, dann immer kraftvoller, bis ihre klare Stimme auch den hintersten Winkel des Konzertsaals erfüllte. Jeder Ton, den sie anstimmte, war pure, sinnliche Magie. Und während Olivia Sassala sich in ihrer Darbietung verlor, flogen ihr die Herzen der Zuhörer zu.

In diesem Beispiel wird gezeigt, wie die Sängerin durch ihre Performance und Ausdruckskraft beeindruckt, anstatt einfach zu sagen, dass sie talentiert ist. Durch die Verwendung konkreter Beschreibungen der Darstellung, Dialoge und der Reaktion des Publikums, wird das Talent der Sängerin deutlich.


Ich hoffe, diese Beispiele zeigen dir auf, wie wichtig es ist, eine Geschichte nicht nur zu erzählen, sondern sie für deine Leserschaft zu einem lebendigen und mitreißenden Leseerlebnis zu machen.


Fazit: «Show dont tell» ist eine kraftvolle Technik, mit der du deine Leser tief in die Geschichte eintauchen und damit eine emotionale Verbindung aufbauen lassen kannst. Indem du also die Kunst des «Show dont tell» beherrschst, kannst du Geschichten erschaffen, die lange im Gedächtnis deiner Leser bleiben, weil du sie damit in eine faszinierende Welt entführt hast.



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