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  • AutorenbildPatricia Alge

Plottest du noch, oder schreibst du schon?

Aktualisiert: 5. Jan.

Plotter vs. Draufi (plotten oder drauflosschreiben)

Was funktioniert besser? Womit arbeiten wir Autoren effizienter?


Für jene, die nicht sicher sind, was hier gemeint ist… Plotten bedeutet, eine Geschichte zu planen. Sie noch vor dem eigentlichen Schreibprozess in groben, manchmal auch sehr detaillierten Zügen zu durchdenken. Der Plotter weiß, bevor er mit dem Schreiben beginnt, wie seine Geschichte beginnt, wo ihre Höhepunkte liegen und wie er/sie die Story zu einem fulminanten Ende führen kann. Mit anderen Worten, die Hauptarbeit des Plotters beginnt lange vor dem Schreiben.


Und dann gibt es die Draufis. Die Drauflosschreibenden. Jene, die ihrer Fantasie freien Lauf lassen und ihre Geschichte sich selbst entwickeln lassen. Nach und nach, Zeile um Zeile. Meist nur mit einem groben Plan im Kopf, wohin die Reise schlussendlich führen soll.


Beide Methoden sind absolut legitim – da beide irgendwann zum gewünschten Ziel führen.


Aber welche ist denn nun die Bessere? Mit welcher steht die Chance besser, dass du dein Romanprojekt auch wirklich durchziehst? Bist du ein Plotter, oder ein Draufi?

Die Antwort ist schlicht: Beides. Die meisten von uns sind sowohl als auch. Keine Ahnung, wer diesen imaginären Graben zwischen Plottern und Draufis gezogen hat. Oder warum in so vielen Schreibratgebern behauptet wird, dass man nur dem einen oder dem anderen Lager angehören kann. Ich kenne keinen Autor, keine Autorin (und ich habe viele meiner Kollegen;innen gefragt) die sich strikte nur zur Fraktion der Draufis oder der Plotter zählt. Schreiben ist ein fließender Prozess, hier haben (meiner Meinung nach) starre Muster und einengende Begrenzungen nichts zu suchen. Außerdem hängt die Art, wie wir schreiben, von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel von unserem Charakter, unserem Temperament oder unseren Erfahrungen. Wenn man so will, sogar von unseren Grundbedürfnissen.


Was haben Grundbedürfnisse mit Plotten oder Drauflosschreiben zu tun?

Alles! Okay, dafür wollt ihr bestimmt eine Erklärung:


Ihr kennt doch sicher jene verrückten Abenteurer, (oder gehört vielleicht sogar selbst zu ihnen) die lediglich mit einem Tramper Rucksack, einer Kreditkarte und einem Handy bewaffnet nach Australien reisen, um sich den Kontinent anzusehen. Wo sie starten ist ihnen gerade noch klar, doch wo sie schlafen, welche Sehenswürdigkeiten sie besichtigen werden oder wie sie auch nur von A nach B kommen, überlassen sie dem Zufall. Zur gegebenen Zeit wird sich schon etwas auftun. Ansonsten entscheiden sie spontan vor Ort. - Abenteuerlich. Mutig. Kaum Sicherheitsbedürfnis vorhanden.


Und dann gibt es jene anderen Reisenden.


Jene, die dieselbe Australienreise antreten, ihre Rundreise jedoch im Voraus schon minutiös planen. Sie wissen exakt, um welche Zeit ihr Flug geht, wie lange er dauern wird und wann sie am Zielflughafen ankommen. Sie haben jedes Hotel bereits im Voraus gebucht, wissen, an welchem Tag sie welche Sehenswürdigkeit besuchen werden und haben sich sogar im Vorfeld darüber informiert, mit welchen Verkehrsmitteln sie von A nach B gelangen und das selbstredend zum kostengünstigsten Preis und auf möglichst bequeme Art. - Organisiert, durchdacht, effizient.


Beide Reisende werden ihr Ziel erreichen und hoffentlich einen spektakulären Urlaub erleben. Jeder so, wie es ihm/ihr am besten gefällt und wie er/sie sich am wohlsten/sichersten fühlt. Erkannt worauf ich hinaus will?


Ich lehn mich jetzt mal aus dem Fenster und behaupte, dass nur die wenigsten von uns, sich für die eine oder andere Reisevariante entscheidet. Die meisten von uns werden sich vermutlich mit einem Mittelding am wohlsten fühlen. Etwas mehr Struktur, aber keine starren Verpflichtungen. Genau so, verhält es sich beim Plotten oder Drauflosschreiben. Die richtige Mischung macht es.


Die richtige Mischung macht das Vergnügen

Sehen wir uns hierzu die Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden an.




Beginnen wir mit dem Draufi.

Dem Revoluzzer unter uns Schreibenden. Er/Sie schreibt mutig drauf los. Hämmert Seite um Seite, Kapitel um Kapitel in den Laptop, bis die Tastatur glüht und die Katze sich sicherheitshalber aus dem Staub macht. Die Technik funktioniert. Die Geschichte geht zügig voran… Bis, ja, bis dem Draufi auffällt, dass etwas an der Geschichte nicht funktioniert. Also geht er zurück, um die betreffende Szene umzuschreiben. Alles kein Problem. Nur… anhand der umgeschriebenen Szene funktionieren jetzt auch Teile der Folgekapitel nicht mehr. Nun gut, dann müssen die eben auch noch angeglichen werden. Immer noch kein Problem, schließlich schreibt der Draufi gern. Doch je häufiger das geschieht, desto frustrierender wird der Schreibprozess. Zum einen, weil er enorm viel Zeit verschlingt, aber auch, weil sehr viel Text in der Tonne landet. Ich rede hier aus eigener Erfahrung. Mein erster Roman «Leise Tränen – starkes Herz», würde ungefähr zehntausend Seiten umfassen, hätte ich sie alle benutzen können.


Dennoch wird der Draufi – mit genügend Durchhaltevermögen- irgendwann sein fertiges Manuskript in Händen halten.


Vorteil dieser Arbeitsmethode: der Draufi darf ganz dem Rausch des Schreibens verfallen. Solange er einen ungefähren Plan im Kopf hat, steht es ihm frei, seine Protagonisten nach Herzenslust durch die Geschichte zu scheuchen.


Nachteil dieser Arbeitsmethode: je komplexer die Story, desto grösser ist die Gefahr, dass sich der Draufi in seiner eigenen Geschichte verfranst. Zudem wird er, wie bereits erwähnt, sehr viel Geschriebenes am Ende aussortieren müssen, da es schlicht nicht mehr passt.




Der Plotter

Der Plotter verfolgt einen gänzlich anderen Weg

Er entwirft seine Geschichte, noch bevor er überhaupt mit dem Schreiben beginnt. Damit weiß er schon vor dem ersten Wort ziemlich genau, was in welchem Kapitel zu geschehen hat. Er kennt den Anfang, weiß wie er die Geschichte vorantreibt und wie er auf ein furioses Ende zusteuert. Da er meist sogar Lebensläufe für seine jeweiligen Protagonisten/Charaktere erstellt, kennt er auch ihre Reaktionen in speziellen Situationen, weiß, wie sie sich artikulieren und welche Wandlung sie im Verlauf der Geschichte durchleben müssen. Hat der Plotter seine Sache gut gemacht, wird er seine Story fließend zu Papier bringen.


Vorteil dieser Arbeitsmethode: liegt auf der Hand. Der Autor kann seine Geschichte vorzeitig auf Plot Holes, (Handlungs-Löcher) wie lose Fäden oder Szenen überprüfen, die im Kopf zwar stimmig schienen, geschrieben aber einfach nicht funktionieren. Er kann Fehler im Handlungsablauf aufspüren und relativ problemlos beheben, ohne seitenweise Material für die Tonne zu produzieren.


Nachteil dieser Arbeitsmethode: durch zu viel Planung, kann sich die Geschichte wie ein zu enges Korsett anfühlen. Für großartige Fantasieausbrüche ist hier kein Platz mehr. Im schlimmsten Fall, kennt der Autor die Geschichte nach all diesen Vorbereitungen so in und auswendig, dass er sich beim Schreiben beinahe schon langweilt.


Du siehst, schreiben ist wie reisen: Erst die richtige Mischung macht das Schreib/Reisevergnügen perfekt. 😉


Ich zum Beispiel, bin eine eingefleischte Draufi-Plotterin.


Anfangs schreibe ich einfach drauf los. (Draufi) Ohne Zensur, ohne groß darüber nachzudenken. Ich gieße meine Ideen sozusagen wie mit einem Eimer über meinem Laptop aus. Danach überlege ich, welche Protagonisten, Antagonisten und Statisten meine Geschichte braucht und verfasse für die wichtigsten Akteure Lebensläufe, um sie besser kennenzulernen. (definitiv Plotter) Ist das geschafft, lese ich meine ersten Ideen erneut durch und sortiere sie aus. Die unpassenden landen im Papierkorb. (Draufi) Okay, nicht wirklich im Papierkorb, sondern in einer speziellen Ideen Datei. Man weiß ja nie, ob man sie in einem späteren Projekt vielleicht doch noch verwenden kann. Erst, wenn auch das getan ist, beginne ich in groben Zügen meine Geschichte aufzugleisen (Plotter) um dann alles niederzuschreiben. (plottender Draufi) 😉

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