Warum die Länge deines Manuskripts über den Erfolg deines Romans entscheidet.
Jeder Schreibende wird irgendwann mit dem Begriff Normseite konfrontiert. Aber was genau ist das und warum kann eine Dokument-Formatierung über Erfolg und Misserfolg deines Romans entscheiden?
Um das zu verstehen, musst du zuerst wissen, was es mit diesen Normseiten überhaupt auf sich hat.
Die Normseite ist im Buchgeschäft eine klar definierte Maßeinheit, um die Länge von Texten anzugeben.
Das Maß der Normseite stammt noch aus Zeiten der Schreibmaschine und diente damals wie heute dazu, die Länge eines Textes exakt anzugeben.
Was vor allem für Journalist*innen und Übersetzer*innen wichtig ist, da sie nach Textlänge bezahlt werden.
Die Normseite dient somit als klar definierte und verbindliche Maßeinheit - sowohl für Verlage als auch für alle Schreibberufe – um Fairness für alle Parteien zu gewährleisten.
wäre kein Übersetzer erfreut, wenn er anstelle von 1800 Anschlägen plötzlich 2000 Wörter pro Seite übersetzen müsste. Ebenso wenig wären Verlage begeistert, würden ihre Autor*innen ihre Manuskripte mithilfe überdimensionaler Schriftgröße oder doppeltem Zeilenabstand künstlich aufblasen.
Du siehst also, die Normseite hat durchaus ihre Berechtigung.
Bevor du also mit Schreiben beginnst, empfehle ich dir, dein Manuskript in Normseiten anzulegen, um jederzeit die Länge deines geschriebenen Textes im Auge zu haben.
Wie genau gestaltet sich eine solche Normseite?
Die Normseite umfasst eine klar definierte Zeichenanzahl
Da Formatierungsmasse je nach Schreibprogramm und Schriftart variieren können, wird die Normseite gemeinhin mit 30 Zeilen a 60 Anschlägen angegeben. Wobei mit „Anschlag“ sowohl geschriebene Buschstaben als auch Satzzeichen und Leerzeichen gemeint sind.
Normseiten werden überdies immer in 1,5-fachem Zeilenabstand und linksbündig im Flattersatz formatiert, was die Lesbarkeit erleichtert. Bei dieser Einstellung werden die Worte weder auseinandergezogen, um rechts einen gleichmäßigen Rand zu bilden, noch werden sie mit Trennstrichen geteilt. Die Zeilen sind dementsprechend mal länger und mal kürzer. Steht ein langes Wort am Zeilenende, erzwingt die Formatierung einen Zeilenumbruch, bevor die 60 Anschläge pro Zeile erreicht sind.
Somit umfasst eine Normseite rein rechnerisch rund 1.800 Anschläge inklusive Leerzeichen.
Ausnahme Belletristik: Für belletristische Texte gilt eine Sonderregelung, da in Romanen viele Zeilen nur teilweise gefüllt sind.
Beispielsweise bei Dialogen. Selbst, wenn die Figur nur ein Wort spricht, erfolgt ein Zeilenumbruch, da die Antwort des Gesprächspartners (gemäß den üblichen Formatierungsregeln von Buchmanuskripten) in einer neuen Zeile steht.
Aus diesem Grund rechnen Fachleute bei Romanen oft mit einer geringeren Anzahl von Anschlägen pro Seite. Die Normseite ist zwar auch hier mit 30 Zeilen à 60 Zeichen definiert, die Textlänge wird anhand der oft frühzeitig abgebrochenen Zeilen jedoch lediglich mit ca. 1500 Anschlägen pro Normseite berechnet.
Schön und gut, aber warum ist die Anzahl der Normseiten eines Manuskripts denn nun so wichtig?
Weil sie im Verlagswesen als wichtiges Entscheidungskriterium dienen.
Denn, ob wir Schreibenden es gern hören oder nicht, der Buchmarkt ist ein knallhartes Geschäft, und die Normseite, beziehungsweise die Länge eines Manuskripts, ihre klar definierbare Währung.
Natürlich kommt es bei der Beurteilung eines Manuskripts auch auf andere Kriterien an. Wie Genre und Qualität der Texte. Doch diese sind subjektiv und können von jeder Verlagsperson anders beurteilt und empfunden werden. Noch spekulativer ist die Einschätzung, ob sich ein Buch nach Veröffentlichung tatsächlich gut verkaufen wird.
Die Textlänge hingegen, ist etwas Handfestes. Ein objektives Kriterium – mit dem Verlage kalkulieren können.
Deshalb kann die Länge deines Manuskripts darüber entscheiden, ob es sich auf dem Buchmarkt überhaupt unterbringen lässt oder nicht.
Denn eines muss dir klar sein.
Verlage sind Wirtschaftsbetriebe
Am Ende des Jahres müssen sie mit ihren Büchern genug Geld verdient haben, um ihre Angestellten, die Miete und ihren Fortbestand bezahlen zu können. Überdies ist der Konkurrenzkampf auf dem Buchmarkt riesig und die Buchpreise bewegen sich in einem schmalen Korridor. Ein Taschenbuch für 8 Euro ist günstig, mehr als 15 Euro darf man selbst für die dicksten Wälzer nicht ansetzen. Ausnahmen sind hier Hardcover (Bücher mit hartem Einband). Sie starten meist bei 12 Euro pro Exemplar und können schon mal 20, 25 oder mehr Euro kosten. Ihr Nachteil ist jedoch, dass sie von Lesern weit seltener gekauft werden, da es meist eine kostengünstigere Alternative gibt. (Dieser Preisrahmen gilt übrigens nur für belletristische Werke. Auf dem Sachbuchmarkt sieht es nochmals anders aus, aber dort kenne ich mich zu wenig aus)
Die Dicke der Bücher spielt bei der Preisgestaltung übrigens nur eine untergeordnete Rolle. Denn je teurer ein Buch gehandelt wird, desto schwerer lässt es sich verkaufen. Demzufolge können Verlage für dickere Bücher nur selten höhere Preise ansetzen, ohne damit den Verkaufserfolg zu gefährden.
Und genau hier liegt das Problem…
denn im krassen Gegensatz zum engen Rahmen für Verkaufspreise, stehen die Produktionskosten des Verlags.
Hier gilt: Je länger das Manuskript, desto höher die Produktionskosten. Sei es für Lektorat, Buchsatz oder Buchdruck. Je länger der Text, desto höher die Investition des Verlags in das Werk.
Das bedeutet: Bei einem besonders umfangreichen Buch, fällt beim marktüblichen Preis die Gewinnmarge pro Exemplar geringer aus. Der Verlag muss demzufolge eine höhere Anzahl Bücher verkaufen, um kostendeckend oder gar gewinnbringend arbeiten zu können.
Je bekannter der Name auf dem Cover und je erfolgversprechender der Inhalt, desto eher lassen sich Verlage auf dieses Risiko ein. Für alle anderen Autoren gilt jedoch – weniger ist mehr.
Die Länge deines Manuskripts kann also tatsächlich über den Erfolg deines Romans entscheiden.
Merke: Je umfangreicher das Manuskript, desto höher das wirtschaftliche Risiko der Verlage. Bei bekannten Autor*innen wie Jojo Moyes und Sebastian Fitzek werden umfangreiche Werke problemlos akzeptiert, da ihr Bücher ohnehin ordentliche Gewinne einbringen. Bei unbekannten Namen sind Verlage jedoch eher skeptisch. Verspricht die Geschichte ein Mega-Erfolg zu werden, machen sie bestimmt eine Ausnahme und nehmen auch mal ein umfangreiches Buch in ihr Programm auf. Für alle anderen Manuskripte gilt: Rund 300 Normseiten, liegen im üblichen Rahmen und mit bis zu 400 Normseiten ist alles noch im grünen Bereich. Jenseits der 400 wird das Eis bereits dünner und ab 500 Normseiten und mehr, sinkt die ohnehin geringe Chance, einen Verlag zu finden, rapide ins Bodenlose.
Das klingt im ersten Moment ernüchternd – kann aber (wenn man sich dessen bewusst ist) durchaus auch eine Chance darstellen.
In diesem Sinne…
Behalte deine Normseiten im Auge und schreib mir, falls du weitere Fragen hast.
Liebe Grüße Patricia Alge
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